Zur Geschichte der ev.-ref. Kirchengemeinde Falkenhagen
Im Jahre 1247 stiftete Graf Volkwin IV. von Schwalenberg auf dem Boden seiner Grafschaft das Kloster Falkenhagen.
Bereits 1231 ist das Kloster Borchagen überliefert, dessen früherer Standort bislang nicht bekannt ist. 1246 ist die Existenz dieses ehem. Klosters zuletzt belegt, im Jahr darauf zieht der dort lebende Frauenkonvent in die neue Örtlichkeit Falkenhagen, wo für 1231 ebenfalls die Existenz einer Kirche belegt ist. Äbtissin des Konvents ist Kunigunde, eine Tochter von Graf Volkwin.
Die Anfänge der neuen Niederlassung waren von Armut und wirtschaftlichen Schwierigkeiten geprägt. Erst nachdem der Bischof in Paderborn zu frommen Stiftungen und anderen Schenkungen zugunsten des neuen Klosters aufgerufen hatte, begann eine zaghafte Entwicklung. Über die Größe des Konvents ist nichts überliefert. 1358 wird berichtet, dass Refektorium und Dormitorium baufällig seien. Diese Zustände können auf die damaligen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse zurückgeführt werden, die von der damals im Gange befindlichen europaweiten Pestepidemie und vom Wüstfall aller hiesigen Klosterdörfer beeinflusst waren und somit zur völligen Verarmung des Klosters führten. Die nächste Nachricht betrifft die völlige Zerstörung des Klosters in der Eversteinschen Fehde 1407, in deren Verlauf es für zwanzig Jahre wüst fiel. Die damals letzten Insassinnen, deren Zahl ebenfalls unbekannt ist, flüchteten angesichts der kriegerischen Ereignisse in das bei Höxter gelegene Zisterzienserinnenkloster Brenkhausen und kehrten nie zurück.
Der Falkenhagener Frauenkonvent lebte nach der Zisterzienserregel, war dem Orden aber nie inkorporiert, weshalb man auch nicht von einem Zisterzienserkloster im engeren Sinne sprechen kann.
1427 erschienen vier Mönche des Wilhelmitenordens aus Witzenhausen, die den Versuch unternahmen, die wüste Klosterstätte wieder zu erneuern, was aber nicht gelang.
Eine neue Zeit brach für das wüste Kloster an, als sich der Kreuzherrenorden für den Platz interessierte. Der Kreuzherrenorden hat seinen Ursprung in Huy/Belgien. 1432 übernahm der Männerorden das wüste Kloster, begann aber erst zehn Jahre später mit seinem Wiederaufbau. Dabei mussten die Mönche, die anfangs überwiegend aus dem Gebiet des Niederrheines stammten, zahlreiche Rückschläge hinnehmen. So litt der im Aufbau befindliche Konvent 1447 unter den Auswirkungen der Soester Fehde, als böhmische und sächsische Truppen am 25. Juli des Jahres, von Polle herkommend, die Örtlichkeit überfielen und plünderten. Im August 1479 brannten durch Unachtsamkeit die gerade fertig gestellten Wirtschaftsgebäude ab, und während des Sommers 1484 starben 29 Mönche an der Pest. Diese dramatischen Rückschläge ließen die Mönche nie resignieren, sondern der tatkräftige Männerorden trieb die Entwicklung mit Nachdruck voran. Um 1500 hatte das Kreuzherrenkloster seine größte Blüte erreicht. Es war autark in allen wirtschaftlichen Belangen. Finanziell war es so gut ausgestattet, dass an zahlreiche Personen und Städte Geld verliehen werden konnte. Der wirtschaftliche Reichtum des Klosters basierte auf der Landwirtschaft, hier besonders in der Viehzucht und im Getreideanbau. Im großen Klosterverband des Kreuzherrenordens war Falkenhagen der am östlichsten gelegene und mit 81 Mönchen (im Jahre 1518) größte Konvent.
Hervorgerufen durch die Auswirkungen der Reformation von 1517 fielen die neuen Entwicklungen in der Kirche auch in Falkenhagen auf fruchtbaren Boden, allerdings nicht sofort, wohl aber im Laufe der Jahre. Die wirtschaftliche Kraft hielt zunächst noch an, was sich im Bau des neuen Dormitoriums (1509), vor allem aber auch in der Wiederbesiedlung der wüsten Klosterdörfer (ab 1522 – um 1555) zeigte. 1555 gab es einen weiteren Pestumzug, der den damals nur noch aus sechs Mönchen bestehenden Konvent halbierte. Diesen Umstand versuchte Graf Bernhard VIII. zur Lippe zu nutzen, indem er das Kloster auflösen wollte, was aber am Widerstand des Paderborner Bischofs Rembert v. Kerssenbrock scheiterte. So setzte sich der im Gange befindliche Niedergang fort. 1596 war das Kloster Falkenhagen nicht mehr zu halten. Der Konvent, damals bestehend aus zwölf Personen, darunter auch Novizen, war völlig verschuldet und konnte aus eigener Kraft nicht mehr existieren. Das nutzte Graf Simon VI. zur Lippe aus, dem es gelang, den Paderborner Fürstbischof Dietrich v. Fürstenberg von der Aufhebung des Klosters zu überzeugen. Beide Parteien einigten sich auf die Auflösung, indem durch die Klosteranlage eine Teilungslinie gezogen wurde. Alles was nördlich der Linie lag (Klosterkirche und Konventsgebäude) ging an Lippe, alles was südlich lag (Wirtschaftsgebäude, Priorhaus von 1581) fiel an Paderborn. Die Mönche mussten das Kloster gezwungenermaßen verlassen. Sie verstreuten sich in alle Winde. Einige blieben katholisch in der seit 1538 evangelisch-lutherischen Grafschaft Lippe und zogen nach Paderborn, andere wurden evangelische Geistliche in Lippe, und der Mönch Peter Missing wurde Schankwirt in Rischenau. 1596 gestattete Graf Simon VI. dem Kreuzherrenmönch Stephan Jacobi zunächst die Ausübung als lutherischer Seelsorger. Ihm folgte 1597 bereits Magister Johann Regius. Nachdem 1605 in Lippe das reformierte (calvinische) Bekenntnis eingeführt wurde, konnte diese Entwicklung in Falkenhagen nicht sofort umgesetzt werden. Wirksam wurde das reformierte Bekenntnis hier erst seit 1649.
Während des 30jährigen Krieges war auch Falkenhagen den kriegerischen Auseinandersetzungen ausgeliefert. 1627 vertrieben die aus Paderborn gekommenen Jesuiten, die auch den Paderborner Anteil verwalteten, den evangelischen Prediger und setzten sich auch in den lippischen Anteil. Erst nach Friedensschluss 1648 mussten sie die Klostergebäude räumen. 1648 kam mit Christoph Röhrendorff wieder einer evangelischer Pfarrer nach Falkenhagen. Seitdem findet bis heute ununterbrochen evangelischer Gottesdienst in der ehemaligen Klosterkirche statt. Pfarrer Dietmar Leweke ist seit 1596 der 28. Seelsorger auf dem Falkenhagener Pfarrstuhl.
Vom einstigen Gebäudebestand des Klosters überlebten die heutige Pfarrkirche, der nördliche Kreuzgang, Refektorium und Dormitorium sowie das heute als katholisches Pfarrhaus genutzte ehemalige Priorhaus.
Willy Gerking
Autor: leweke -- 26.08.2020; 10:00:20 Uhr
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